Sachverhalt
In dem Urteil des BGH vom 26.01.2024 -V ZR 162/22 wurde entschieden: Ein WEG-Verwalter muss Bauarbeiten wie ein Bauherr überwachen.
Laut Sachverhalt handelt es sich bei dem Beklagten um den Verwalter einer Wohnungseigentümergemeinschaft, welche im Juli 2019 eine Erneuerung der Dacheindeckung beschloss. Die Gesamtkosten für diese Sanierung sollten sich insgesamt auf 116.497,85 EUR brutto belaufen. Der beauftragte Werkunternehmer stellte zunächst eine Abschlagsrechnung für Material in Höhe von 61.872 EUR, beigefügt war eine Rechnung eines Angebots von einer externen Firma, über die Lieferung von Baumaterial. Im Oktober 2019 zahlte der Verwalter aus den WEG-Mitteln dann einen Betrag von 70.000 EUR, jeweils auf fünf Teilzahlungen aufgeteilt. Nach Beginn der Arbeiten zahlte er im November 2019 zudem 34.500 EUR, diesmal auf sechs Teilzahlungen aufgeteilt, ohne dass Abschlagsrechnungen seitens des Werkunternehmers gestellt wurden. Bei einem Baufortschritt von ca. 85-90 % wurden die Sanierungsarbeiten dann eingestellt.
Ein von der WEG in Auftrag gegebenes Gutachten stellte sodann die Mangelhaftigkeit und Unbrauchbarkeit der erfolgten Arbeiten fest, eine Nacherfüllung zur Beseitigung der Mangelhaftigkeit könne lediglich durch Abriss der Arbeiten erreicht werden.
Die WEG verlangte vom Verwalter deshalb Zahlung von 104.500 EUR nebst Zinsen, hilfsweise Zug um Zug gegen Abtretung ihrer Ansprüche gegen den Werkunternehmer, sowie Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten nebst Zinsen. Die WEG begehrte darüber hinaus die Feststellung, dass der Verwalter die entstandenen Schäden zu ersetzen habe, die durch die Auszahlung des Betrags von 104.500 EUR in Verbindung mit dem Bauvorhaben entstehen.
WEG-Verwalter muss Bauarbeiten wie ein Bauherr überwachen
Der BGH führt in seinem Urteil aus, der Verwalter habe Bauarbeiten bzw. Erhaltungsmaßnahmen am Gemeinschaftseigentum wie ein “Bauherr” zu überwachen. Diese Pflichtenstellung beinhaltet zum einen das Kontrollieren von Abschlagsrechnungen bzw. Aufstellungen, die eine sichere Beurteilung der erbrachten Leistung ermöglichen. Zum anderen muss angeliefertes Material stichprobenartig auf Übereinstimmung mit Abschlagsrechnungen und auf Übereignung oder Sicherheitsleistung überprüft werden.
Mangelt es dem Verwalter an der fachlichen Kompetenz bauliche Mängel feststellen zu können, so hat er die WEG darüber zu unterrichten und einen Beschluss über die Hinzuziehung von Sonderfachleuten für die Überwachung der Erhaltungsmaßnahmen vorzubereiten.
Darüber hinaus hat er im Interesse der WEG sicherzustellen, dass zu leistende Teil- oder Abschlusszahlungen gerechtfertigt sind und zwar bevor diese angewiesen werden.
Haftung des WEG-Verwalters
Der Verwalter haftet nicht, wenn eine Nacherfüllung des mangelhaften Werks durch den Werkunternehmer noch möglich ist.
Sofern die Nacherfüllung allerdings ausgeschlossen und das Vertragsverhältnis von einem Werkvertrag in ein Abrechnungsverhältnis übergegangen ist, dementsprechend pflichtwidrige Abschlagszahlungen geleistet wurden, haftet der Verwalter gegenüber der WEG auf die hierdurch entstandenen Schäden neben dem Werkunternehmer.
Der Verwalter ist dann gem. § 255 BGB Zug-um-Zug gegen Abtretung der Ansprüche gegen den Werkunternehmer an die WEG verpflichtet. Eine gesamtschuldnerische Haftung gemäß § 421 BGB scheidet aus, da der Verwalter dem entstandenen Schaden ferner steht als der Werkunternehmer.
Schadensersatzanspruch der WEG
Nach Auffassung des BGH könnte ein Schadensersatzanspruch aus § 280 I BGB in Verbindung mit dem Verwaltervertrag wegen pflichtwidrig geleisteter Abschlagszahlungen bestehen.
Grundsätzlich muss für solche Schadensersatzansprüche das Verhalten des Verwalters kausal für den entstandenen Schaden der WEG gewesen sein. Die Beweislast für die Unbrauchbarkeit des hergestellten Werks trägt die WEG. Hierfür genügt insoweit ein in Auftrag gegebenes Privatsachverständigengutachten. Für Schadensersatzansprüche kann nicht allein auf die Vermögensminderung der WEG durch die pflichtwidrig geleisteten Abschlagszahlungen abgestellt werden, sondern auch die vertragsgerechte Erbringung von Werkleistungen muss in den Gesamtvermögensvergleich mit einbezogen werden. Maßgeblich ist, dass Abschlagszahlungen einen vorläufigen Charakter haben, da sie den vorleistungspflichtigen Werkunternehmer entlasten und hierdurch entstehende wirtschaftliche Nachteile abmildern sollen. Bei vertragsgerechter Erbringung der Leistung ist der Werkunternehmer nur zur Rückzahlung verpflichtet, sofern die Abschlagszahlungen höher als die ihm zustehende Gesamtvergütung sind, entsprechendes muss für pflichtwidrige Abschlagszahlungen gelten.
Im Ergebnis führte die Revision vor dem BGH zur Aufhebung und Zurückverweisung des Sachverhalts an das Landgericht Dortmund, die für eine abschließende Entscheidung über den konkreten Sachverhalt zuständig sind.