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Prüfpflicht des Notars bei Wertgutachten

Prüfpflicht des Notars bei Wertgutachten

Der BGH hatte kürzlich darüber zu entscheiden, ob eine Prüfpflicht des Notars bei Wertgutachten eines Grundstücks besteht. Ausgangspunkt der Beantwortung dieser rechtlichen Frage ist § 53 BeurkG, nach dem Notare die Einreichung zu beurkundender Willenserklärungen beim Grundbuchamt oder Registergericht zu veranlassen haben.

Sachverhalt

Die Verkäuferin eines Grundstücks schloss mit dessen Käufer einen notariellen Vertrag. In diesem Kaufvertrag erklärten beide Parteien die Auflassung. Außerdem bewilligte die Verkäuferin und beantragte der Käufer zur Sicherung des Anspruchs auf Übertragung des Eigentums die Eintragung einer Vormerkung zugunsten des Käufers. Die Verkäuferin verkaufte das Grundstück 2019 zu einem Kaufpreis von 110.000 Euro. Im April 2020 teilte die Verkäuferin der mit dem Vollzug der Urkunde beauftragten Notarin mit, dass der Käufer ihr bei Kaufvertragsschluss Hilfe beim Umzug, sowie bei der Suche nach einer Eigentumswohnung zugesichert habe. Trotz Bitte der Verkäuferin, wurde dies jedoch nicht schriftlich festgehalten. Daraufhin weigerte sich die Notarin, den Vollzug der Urkunde fortzuführen. Auf Bitte des Käufers kündigte die Notarin dann im Juni 2020 mittels Abhilfebescheid an, die Urkunde schließlich zu vollziehen. Nachdem die Beschwerde der Verkäuferin vom Landgericht abgewiesen wurde, wandte sie sich an den BGH. Sie legte Beschwerde gegen den Vollzug einer Kaufvertragsurkunde durch die beauftragte Notarin ein um zu prüfen, ob sie gem. § 15 Abs. 2 BNotO pflichtwidrig gehandelt hat und somit den Vollzug der Urkunde rückgängig zu machen hat.

Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts

Die Notarin weigerte sich zunächst den Vollzug der Urkunde fortzuführen, sie ging davon aus,  dass es sich bei der Zusicherung des Käufers bezüglich der Hilfe beim Umzug, sowie der Besorgung einer neuen Eigentumswohnung für die Verkäuferin um eine nicht beurkundete Nebenabrede gem. § 311b BGB handele.  Grundsätzlich führt eine solche nicht beurkundete Nebenabrede gem. §§ 311b Abs. 1 S. 1, 125 S.2 BGB zur Unwirksamkeit des gesamten Kaufvertrags. Nach Ansicht des Käufers handele es sich allerdings ebenso wenig um eine Nebenabrede gem. § 311b Abs.1 BGB wie um ein wucherähnliches Geschäft gem. § 138 Abs.1 BGB.  Bei der Zusicherung seiner Hilfe bei dem Umzug und der Wohnungssuche für die Verkäuferin habe es sich lediglich um eine Freundschaftsgefälligkeit gegenüber der Verkäuferin gehandelt. Der  Käufer handelte ohne Rechtsbindungswillen, außerdem weigerte er sich seine Zusicherung schriftlich festzuhalten. Seine Zusicherung entfaltete daher keine rechtliche Wirkung.

Kein Pflichtwidriges Handeln der Notarin

Der BGH befand die Rechtsbeschwerde der Verkäuferin in seinem Beschluss vom 9. 12. 2021 – V ZB 25/2 als zulässig aber unbegründet. Gem. § 53 BeurkG besteht für Notare die Pflicht, vollzugsreife Urkunden beim Grundbuchamt einzureichen. Sie haben weder die Pflicht, noch ist es Teil ihres Tätigkeitsbereichs über die materiellrechtliche Wirksamkeit einer beurkundeten Willenserklärung zu entscheiden. Allerdings ist vom Vollzug einer Urkunde abzusehen, wenn evident erkennbar ist (also ohne jeglichen Zweifel), dass das der Urkunde zugrundeliegende Rechtsgeschäft unwirksam ist. Da der Käufer allerdings ohne Rechtsbindungswillen handelte und es sich somit auch nicht um eine beurkundungsbedürftige Nebenabrede gem. § 311b BGB handelt, sei der Kaufvertrag nicht evident unwirksam und damit nichtig gem. § 125 S.1 BGB. Auch war für die Notarin nicht zweifellos erkennbar, dass es sich um eine Nebenabrede gem. § 311b BGB handelte, sodass sie mit dem Vollzug der Urkunde nicht pflichtwidrig sondern pflichtgemäß gehandelt hat.

Wertgutachten über das Grundstück

Die Verkäuferin legte im weiteren Verfahrensverlauf einen Bescheid des Finanzamts, sowie ein Verkehrswertgutachten über das Grundstück vor, um ein wucherähnliches Rechtsgeschäft gem. § 138 BGB nachzuweisen. Das wucherähnliche Rechtsgeschäft ist sittenwidrig und führt ebenfalls zur Unwirksamkeit des Grundstückkaufvertrags. Laut Auffassung des BGH sind solche Gutachten oder Bescheide über den Verkehrswert eines Grundstücks allerdings grundsätzlich ungeeignet um ein wucherähnliches Geschäft gem. § 138 BGB nachzuweisen. Durch ein solches Gutachtens ist für die Notarin nicht zweifelsfrei erkennbar, ob der tatsächliche Verkehrswert mit dem behaupteten Verkehrswert übereinstimmt. Eine solche Prüfung ist außerdem von den Zivilgerichten zu prüfen und nicht im Rahmen einer Beschwerde gem. § 15 Abs. 2 BNotO. Daher besteht keine Prüfpflicht von Notaren bei Wertgutachten über Grundstücke.

 

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