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Bauträgerrecht: Bauträger und Insolvenz

Bauträger und insolvenz

Die Insolvenz eines Bauträgers ist unter Unternehmerinsolvenzen nach wie vor die Nummer eins im Bausektor. Die Insolvenz eines Bauträger führt in der Regel dazu, dass das vom Käufer bestellte Objekt nicht zu Ende gebaut werden kann, Mehrkosten entstehen und das ganze Bauvorhaben stockt.

Soll ein Insolvenzverfahren durchgeführt werden, so ist dafür zunächst zwingend erforderlich, dass ein Insolvenzgrund (§ 16 InsO) vorliegt und das Vermögen des Schuldners ausreicht um die Kosten des Insolvenzverfahrens zu tragen. Das schreibt § 26 InsO vor. Wenn der Bauträger nun nicht genug Vermögen aufweisen kann um die Verfahrenskosten zu tragen, erfolgt die Abweisung mangels Masse durch das Insolvenzgericht. Die Firma wird dann liquidiert. In diesem Falle bleiben die Rechte und Pflichten der jeweiligen Vertragsparteien bestehen. Der Bauträger muss also das geschuldete Bauwerk fertigstellen und dem Erwerber übereignen. Der Erwerber muss den vereinbarten Preis zahlen, § 650u BGB.

Von der sog. formellen Insolvenz spricht man bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Der Bauträger kann aber unabhängig von der Verfahrenseröffnung bereits materiell insolvent sein. Er kann also seinen Verbindlichkeiten nicht mehr fristgerecht nachkommen; ist zahlungsunfähig oder überschuldet, §§ 17 ff InsO. Wenn der Gläubiger Kenntnis über die materielle Insolvenz erlangt, hat er ggf. die Möglichkeit den Vertrag nach §§ 119, 123 BGB anzufechten und Schadensersatz zu verlangen.

Eröffnung des Insolvenzverfahrens

Wenn ein Insolvenzverfahren durch Beschluss des Insolvenzgerichts eröffnet wird, verliert der Schuldner die Befugnis über sein Vermögen zu verfügen, § 80 InsO. Gleichzeitig findet ein Vollstreckungsverbot durch die Gläubiger im Wege der Einzelzwangsvollstreckung statt. Zur zentralen Figur des Insolvenzverfahrens wird der Insolvenzverwalter. Das Insolvenzgericht ernennt ihn. Seine Aufgabe ist es im Wesentlichen, die Insolvenzmasse zu ermitteln und unter den Gläubigern aufzuteilen. Dabei muss er die Insolvenzmasse während des Insolvenzverfahrens möglichst mehren um die Gläubiger zu befriedigen.

Wahlrecht des Insolvenzverwalters

Dem Insolvenzverwalter kommt hier ein Wahlrecht zu, § 103 InsO. Ein Wahlrecht besteht allerdings nur dann, wenn der Vertrag  noch nicht oder nicht vollständig erfüllt wurde.

Er kann sich zwischen der Erfüllung des Vertrages anstelle des Schuldners entscheiden und damit auch die Erfüllung der Zahlungsanspruchs verlangen oder es bei der Wirkung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens belassen. Der Gläubiger muss dann seinen Anspruch dann zur Insolvenztabelle anmelden und wird seiner Quote nach bedient.

Im Ergebnis kann der Insolvenzverwalter also das Bauvorhaben fertig bauen lassen, ist dazu allerdings nicht verpflichtet. Eine Frist für diese Entscheidung besteht nicht. Wenn durch die Entscheidungen Verzögerungen eintreten, macht er sich nicht schadensersatzpflichtig. Die  Entscheidungskriterien für die Auswahl sind rein wirtschaftlicher Natur. Im Mittelpunkt steht immer die Mehrung der Insolvenzmasse. Der Gläubiger kann den Insolvenzverwalter jedoch zur Ausübung seines Wahlrechts auffordern, § 103 II 2 InsO.

Rechtsfolgen der Entscheidung

Wenn der Insolvenzverwalter sich für die Erfüllung entscheidet, bleibt der Vertragsinhalt unverändert. Die Haupt- und Nebenleistungspflichten des zu erfüllenden Vertrages werden zu sog. Masseverbindlichkeiten (§ 55 InsO I Nr. 2 InsO), ebenso wie die Gewährleistungs- bzw. Mängelansprüche oder Vertragsstrafen, auch wenn sie vor Verfahrenseröffnung entstanden sind. Das bedeutet auch, dass beide Vertragsparteien an die Leistungsmodalitäten gebunden sind. Wenn der Vertragspartner zur Vorleistung verpflichtet ist, kann er sich zum Beispiel nicht gem. § 321 BGB auf die Unsicherheiteneinrede berufen.

Sollte er sich gegen die Erfüllung entscheiden, so verlieren die Vertragsparteien lediglich die Durchsetzbarkeit ihrer Ansprüche. Es bleibt bei den Folgen, die die Eröffnung eines Insolvenzverfahren mit sich bringt. § 103 II S.1 InsO gewährt dem Gläubiger einen Anspruch auf Schadensersatz wegen Nichterfüllung. Dieser muss zur Insolvenztabelle angemeldet werden und wird dann seiner Quote nach im Verfahren bedient. Wenn der Auftraggeber eigenständig die Mängel beseitigt hat oder das Bauwerk fertigstellen lassen hat, kann der Insolvenzverwalter Schadensersatz geltend machen, da ihm die Leistungserbringung unmöglich gemacht wurde.

Erfüllungsablehnung beim Bauträgervertrag

Wenn das Insolvenzverfahren eines Bauträgers eröffnet wird und der Insolvenzverwalter die Erfüllung ablehnt, findet eine Aufteilung des geschlossenen Bauträgervertrags in einen kaufvertraglichen und einen werkvertraglichen Teil statt.

Ist zu diesem Zeitpunkt bereits eine Auflassungsvormerkung für den Gläubiger im Grundbuch eingetragen, ist der kaufvertragliche Teil gem. § 106 I InsO zu erfüllen. So behält der Erwerber den Erfüllungsanspruch, da die Vormerkung den Anspruch sichert. Er behält also seinen Übereignungsanspruch gegenüber der Bausubtanz zum Zeitpunkt der Insolvenz.

Der werkvertragliche Teil beinhaltet die Herstellung des vertraglich vereinbarten Werkes und  ist gegenüber der Insolvenzmasse als solcher nicht durchsetzbar. Dem Erwerber steht ein Schadensersatz wegen Nichterfüllung zu. Hat der Erwerber bereits den vollständigen Betrag gezahlt, so steht ihm eine Schadensersatzforderung in Höhe des zu viel gezahlten Betrags gegenüber dem Bauzustand zu.  Eine Pflicht zur Fertigstellung besteht hier nicht.

Sonderproblem: Kündigung nach Insolvenz Eines Bauträgers

Ein Sonderproblem stellt die Kündigung  des Bauträgervertrages durch den Erwerber in der Insolvenz des Bauträgers dar. Gründe dafür können die verspätete Fertigstellung oder das Vorliegen gravierender Mängel sein. Die eingetragene Auflassungsvormerkung wird dadurch unwirksam, da sie akzessorisch zur  schuldrechtlichen Forderung ist. Das bedeutet, dass sie abhängig von ihr ist. In der Folge kann der Insolvenzverwalter dann die Bewilligung der Löschung der Vormerkung verlangen, ohne an den Käufer den Kaufpreis aus der Masse erstatten zu müssen. Insofern kann die Kündigung hier folgenschwer sein.

Sonderproblem: Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen

Besonders problematisch ist die Insolvenz eines Bauträgers dann, wenn der Erwerber Gewährleistungsrechte geltend machen will. Das ist dann der Fall, wenn nach der Übergabe des Objekts ein Mangel auftritt.  Wenn der Bauträger bereits insolvent ist, wird die Geltendmachung von Gewährleistungsrechten mit hoher Wahrscheinlichkeit schwierig. Gegen die vom Bauträger beauftragten Handwerker besteht seitens des Gläubigers kein Anspruch auf Nacherfüllung. In einigen Bauträgerverträgen ist eine Abtretung dieser Ansprüche vereinbart. Dann, und nur dann, hat der Gläubiger gegen die Handwerker einen direkten Anspruch. Diese Abtretungsklauseln sind jedoch die absolute Ausnahme. Der Gläubiger hat auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Möglichkeit die Abtretung der Ansprüche vom Insolvenzverwalter zu verlangen.

Das Risiko der Insolvenz kann auch auf anderen Wegen in die Vertragsgestaltung einbezogen werden. Im Wege einer Gewährleistungsbürgschaft (auch Mängelansprüchebürgschaft) kann der Bauherr vom Bauträger die Vorlage einer Bürgschaft für die Fertigstellung und Gewährleistung verlangen. Eine andere Möglichkeit besteht in der Vereinbarung einer Erfüllungssicherheit in Form von einer Abschlagszahlung in Höhe von 5% der Bausumme. Diese kann der Bauherr einbehalten. So kann man bei Insolvenz des Bauträgers oder bei nicht vollständigen Teilleistungen das Vorhaben aus diesen Mitteln vorantreiben. Die genannte Erfüllungssicherheit ist im § 632a Abs. 3 BGB gesetzlich normiert.

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