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Bauträgerrecht: Bauträgervertrag und Gewährleistungsrechte

Was ist ein Bauträgervertrag?

Die Regelungen zum Bauträgervertrag in § 650 u BGB und § 650v BGB wurden mit dem Gesetz zur Reform des Bauvertragsrechts in das BGB eingeführt.

Der Bauträgervertrag wird in § 650 u Abs. 1 S. 1 BGB legaldefiniert als „Vertrag, der die Errichtung oder den Umbau eines Hauses oder eines vergleichbaren Bauwerks zum Gegenstand hat und der die Verpflichtung des Unternehmers enthält, dem Besteller das Eigentum an dem Grundstück zu übertragen oder ein Erbbaurecht zu bestellen oder zu übertragen.“

Der Bauträgervertrag ist ein Mischvertrag mit kauf- und werkvertraglichen Elementen.

Für die Verpflichtung zur Verschaffung des Eigentums oder Erbbaurechts ist das Kaufrecht und für die Verpflichtung zu einer Bauleistung das Werkvertragsrecht anwendbar. Daneben können Bestandteile aus dem Auftrags- und Geschäftsbesorgungsrecht treten.

Der Besteller beansprucht eine Immobilie zu einem vereinbarten Festpreis ohne Risiken bei der Fertigstellung. Die Baubeschreibung, die Bauplanung und Bauleitung erfolgt durch den Unternehmer. Für diesen sind Grundstücksveräußerung und Bauwerkserrichtung schon aus kalkulatorischen und bautechnischen Gründen miteinander verbunden.

Was beinhaltet ein Bauträgervertrag?

Der Unternehmer wird auch als Bauträger bezeichnet. „Bauträger“ ist, wer gewerbsmäßig Bauvorhaben als Bauherr im eigenen Namen für eigene oder fremde Rechnung vorbereiten, durchführen oder verwenden will. Er bedarf nach § 34 c Abs. 1 Nr. 3 a GewO der Erlaubnis der zuständigen Behörde. Für ihn gelten daneben nach § 1 Abs. 1 MaBV die Regelungen der Makler- und Bauträgerverordnung (MaBV).

Der Besteller, auch „Erwerber“ oder „Käufer“ genannt, kann ein Verbraucher oder ein gewerblich tätiger Unternehmer sein.

Für den Vertragsschluss gelten die allgemeinen Regeln. Der Vertrag bedarf gemäß § 311 b Abs. 1 BGB der notariellen Beurkundung. Dasselbe gilt bei Miteigentum in Form von Wohnungs- oder Teileigentum.

Im Bereich des Erbbaurechts findet die Formvorschrift des § 311 b BGB über § 11 ErbbauRG Anwendung.

Es muss gemäß § 650 u Abs. 1 S. 2 iVm § 650 j BGB, soweit es sich bei dem Besteller um einen Verbraucher handelt, eine Baubeschreibung zur Verfügung gestellt werden.

Daneben müssen vorformulierte Vertragsbedingungen den Anforderungen der §§ 305 ff. BGB gerecht werden. Sie unterliegen als einer AGB Prüfung.

In zeitlicher Hinsicht gilt § 650 u BGB für Verträge, die ab dem 1.1.2018 geschlossen wurden. Auf davor geschlossene Verträge finden gemäß Art. 229 § 39 EGBGB die Vorschriften des EGBGB, des BGB und der Verordnung über Abschlagszahlungen bei Bauträgerverträgen, in der bis zu diesem Tag geltenden Fassung, Anwendung.

Anwendung und Einschränkung des Kauf- und Werkvertragsrechts

Auf der Rechtsfolgenseite verweist § 650 u Abs.1 S.2 BGB auf die Anwendung werk-/baurechtlicher Vorschriften, Abs.1 S.3 auf die Anwendung kaufrechtlicher Vorschriften.

Auf den Bauträgervertrag finden gemäß §650u Abs. 2 die §§ 648, 648a, 650b bis 650e, 650 k Abs. 1 sowie die §§ 650 l und 650 m Abs. 1 keine Anwendung.

Gewährleistungsrechte: Worauf muss ich achten?
haftung des Bauträgers für Mängel 

Die Haftung für Baumängel und Planungsmängel bestimmt sich nach den werkvertraglichen Regelungen der §§ 633 ff. BGB.

Baumängel können beispielsweise die Verwendung nicht vereinbarter Materialien, Risse in den Wänden und Böden, Undichtigkeiten oder Fehlmontagen sein.

Nacherfüllung gem. §§ 634, 635 BGB

Der Erwerber kann gemäß § 635 BGB Nacherfüllung verlangen. Der Unternehmer kann nach seiner Wahl den Mangel beseitigen oder ein neues Werk herstellen. Hierfür muss dem Bauträger eine angemessene Nachfrist gesetzt werden.

Selbstvornahme gem. §§ 634, 637 BGB

Nach dem Ablauf der Nachfrist kann die Selbstvornahme, dh. Mangelbeseitigung auf Kosten des Bauträgers, durchgeführt und hierfür der Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangt werden, § 637 BGB.

Minderung gem. § 634, 638 BGB

Voraussetzung für die Minderung ist ebenfalls eine erfolglos gesetzte Frist zur Nacherfüllung. Der Minderungsanspruch wird durch eine Gegenüberstellung des Wertes der Sache im mangelfreien Zustand und dem wirklichen Wert im mangelhaften Zustand berechnet und um den Differenzbetrag herabgesetzt. Die Minderung nach § 634 Nr. 3 BGB kann nach einem wirksam erklärten Rücktritt nicht mehr verlangt werden. Sie greift auch bei unerheblichen Mängeln, § 638 Abs. 1 S. 2 BGB.

Schadensersatz gem. §§ 634, 281, 311a BGB

Für die Geltendmachung des Schadensersatzes bedarf es einer erfolglos gesetzten Frist zur Nacherfüllung. Schadensersatz setzt außerdem gemäß § 278 Abs. 1 BGB das Vertretenmüssen des Bauträgers voraus, soweit keine Haftungsgarantie gemäß § 276 Abs. 1 S. 1 BGB übernommen wurde. Das Vertretenmüssen wird gesetzlich vermutet, der Bauträger muss sich exkulpieren und trägt die Darlegungs- und Beweislast, § 280 Abs. 1 S. 1 BGB.

Der Erwerber kann auch Schadensersatz verlangen, wenn er zuvor wirksam zurückgetreten ist oder Minderung verlangt hat.

Ersatz vergeblicher Aufwendungen nach §§ 634, 284 BGB

Nach erfolgloser Nachfristsetzung können Aufwendungsersatzansprüche geltend gemacht werden, die im Vertrauen auf die Übergabe einer mangelfreien Bauleistung erbracht wurden. Hierbei handelt es sich um „frustrierte Aufwendungen“ die durch eingegangene Verbindlichkeiten, entstanden sind.

Rücktritt nach §§ 634, 323, 326 Abs. 5 BGB

Der Auftraggeber hat ein Rücktrittsrecht nach erfolgloser Nachfristsetzung.

Die Pflichtverletzung muss erheblich sein.

Bei einmaligem Ausüben des Rücktrittsrechts wird der Vertrag in ein Rückabwicklungsverhältnis umgestaltet. Die einander empfangenen Leistungen sind zurück zu gewähren.

Ein Teilrücktritt ist grundsätzlich nicht möglich, weil die Leistung des Bauträgers unteilbar ist. Der Erwerber kann nicht von der Bauwerksherstellung zurück treten und gleichzeitig Grundstückserwerb verlangen. Dem Erwerber kann jedoch die Möglichkeit gegeben werden, den werkvertraglichen Teil aus wichtigem Grund zu kündigen, wenn dies kautelarjuristisch vereinbart wurde. Das bedeutet, dass eine entsprechende Regelung im Bauträgervertrag aufzunehmen ist. Dies kann insbesondere in Hinblick auf erhebliche Bauverzögerungen oder eine etwaige, spätere Insolvenz des Bauträgers wichtig sein.

Der Rücktritt ist gem. § 323 Abs.6 ausgeschlossen, wenn der Erwerber für den Umstand allein oder überwiegend verantwortlich ist oder wenn der vom Bauträger nicht zu vertretende Umstand zu einer Zeit eintritt, zu welcher der Erwerber in Annahmeverzug ist.

Der Ausschluss der Leitungspflicht gem. § 275 BGB erfasst die Fälle, in denen die Leistungserbringung für den Bauträger unmöglich oder unzumutbar ist.

Haftung des Bauträgers für Mängel am Grundstück

Die Haftung für Mängel des Grundstücks und für mitverkaufte bewegliche Gegenstände richtet sich nach Kaufrecht, §§ 433 ff. BGB.

Ein Grundstück ist mangelhaft, wenn es einen Rechts- oder einen Sachmangel aufweist. Ein Sachmangel des Grundstücks liegt vor, wenn es nicht die vereinbarte Beschaffenheit hat, beispielsweise, wenn das Grundstück nicht die im Vertrag angegebene Fläche aufweist.

Der Erwerber kann bei Vorliegen der Voraussetzungen die gleichen Rechte geltend machen, also Nacherfüllung nach § 439, Minderung nach § 441, Schadensersatz nach §§ 440, 280, 281, 283, 311a oder vom Vertrag zurücktreten nach §§ 440, 323, 326 Abs.5 BGB.

Grundstücksmängel haben allerdings keine so große Bedeutung im Bauträgerrecht wie Baumängel.

Bauwerk wird zu spät fertig – Der “Stecken gebliebene Bau”

Das BGB eröffnet dem Besteller bei einer verzögerten Fertigstellung des Bauvorhabens verschiedene Rechte; inbesondere Schadensersatz.

Der Leistungsverzug mit Anspruch auf Schadensersatz nach § 286 setzt zunächst voraus, dass der Auftraggeber einen fälligen Anspruch auf die Herstellung des vereinbarten Werkes gegen den Werkunternehmer hat. Weitere Voraussetzung ist das Nichtleisten des Werkunternehmers zum maßgeblichen Zeitpunkt.

Der Werkunternehmer muss nach Fälligkeit dieses Anspruchs ausdrücklich gemahnt worden sein, soweit die Mahnung nicht ausnahmsweise entbehrlich ist. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn – wie bei Baträgervertrag üblich – Fristen zur Fertigstellung bzw. Bezugsfertigkeit aufgenommen werden. Schließlich muss der Werkunternehmer sein Nichtleisten, also die Verzögerung, zu vertreten haben.

Schäden, die dem Erwerber durch verspätete Herstellung entstehen sind beispielsweise die für den Zeitraum anfallenden

  • Mietkosten,
  • Fahrtkosten,
  • Hotelunterbringungs- oder Zwischenlagerungskosten für Möbel,
  • Finanzierungskosten, insbesondere Bereistellungszinsen,
  • Anwaltskosten,
  • Sachverständigenkosten oder eine
  • Nutzungsausfallentschädigung.

Beispiel aus der Rechtsprechung:

Das Kammergericht hat in seinem Urteil vom 15.05.2018 – 21 U 90/17 entschieden, dass die Beklagte an die Klägerin Schadensersatz wegen verzögerter Übergabe einer Eigentumswohnung zu zahlen hatte. Dieser Schadensersatz bestand im Umfang der Anmietung einer Ersatzwohnung, der Maklerprovision für die Verlängerung des Ersatzmietvertrags, der Kosten der Einlagerung der Möbel, Kosten der Unterbringung von Gästen und Bereitstellungszinsen.

Haftungsausschluss

Der Bauträger kann sich nicht auf eine Haftungsvereinbarung berufen, wenn ihm ein arglistiges Verschweigen des Mangels nachgewiesen werden kann.

In den Haftungsausschluss wurde außerdem die Übernahme einer Garantie des Unternehmers für die Beschaffenheit des Werkes aufgenommen.

Nach § 309 Nr.7a BGB darf ein Formular bzw. Verbrauchervertrag nicht eine Haftungsbeschränkung- oder ausschluss wegen Schäden aus der Verletzung des Lebens, Körpers oder Gesundheit erfassen, die auf einer fahrlässigen Pflichtverletzung des Verwenders beruhen. Dies gilt auch gemäß § 309 Nr. 7b BGB für sonstige Schäden. Außerdem befindet sich in § 309 Nr. 8 BGB eine Auflistung von unzulässigen Klauseln, die es zu beachten gibt.

Verjährung

Bei Vorliegen von Mängelrechten steht dem Auftraggeber ein Wahlrecht zu.

Der Verjährungsbeginn für Mängelrechte ist unterschiedlich ausgestaltet.

Für Arbeiten an einem Grundstück gelten die kaufrechtlichen Gewährleistungsfristen ab Übergabe nach § 438 BGB. Für Arbeiten an einem Bauwerk gelten die Gewährleistungsfristen aus dem Werkvertragsrecht. Baumängel verjähren gemäß § 634a Abs. 1 Nr. 2 erst nach fünf Jahren ab Abnahme des Bauwerks.

Die Rechtsprechung definiert die Abnahme als Billigung des Werkes als im Wesentlichen vertragsgemäß. Diese erfolgt nach einer gemeinsamen Besichtigung des Vertragsobjektes durch den Erwerber und den Bauträger. Mit der Abnahme sind erhebliche Rechtsänderungen verbunden: Übergang vom Erfüllungs- zum Nacherfüllungsstadium, Beginn der Verjährungsfrist für Mängelansprüche, Gefahrübergang, Fälligkeit der Vergütung, und Beweislastumkehr.

Ab diesem Zeitpunkt beginnt die Gewährleistungsfrist und der Käufer muss im Zweifel beweisen, dass ein Mangel der Immobilie vorliegt. Bis zur Abnahme muss dagegen der Bauträger nachweisen, dass er mangelfrei gebaut hat, die Abnahmereife gegeben war.

Kündigung des Bauträgervertrags

650u Abs 2 BGB schließt die Anwendbarkeit der freien Kündigung nach § 648 BGB und der Kündigung aus wichtigem Grund nach § 648a BGB auf den Bauträgervertrag aus. Die Parteien können sich jedoch auf die Einbeziehung der VOB/B in den Vertrag einigen und versuchen, ihre Geltung durchzusetzen bzw. abweichende Kündigungsrechte in den Vertrag aufnehmen.

Mängelhaftung nach der VOB/B (Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen)

Die Erbringung einer Bauleistung wird grundsätzlich immer nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch beurteilt, sofern nicht ausnahmsweise die Regelungen nach der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen vereinbart wurden.

Danach steht dem Besteller im Bereich der Gewährleistungsrechte kein Rücktrittsrecht bei Mängeln zu. Er hat allenfalls nach § 13 VOB/B einen Anspruch auf Nacherfüllung, Minderung oder Schadenersatz.

Dafür regeln §§ 8, 9 VOB/B umfangreichere Kündigungsmöglichkeiten für den Besteller.

Daneben ist die Verjährung des VOB-Bauvertrages im § 13 Nr. 4 VOB/B zu beachten. Ansprüche verjähren, sofern die VOB vereinbart ist, in zwei oder vier Jahren, für Mängel an Bauwerken und für Arbeiten an einem Grundstück sogar schon in einem Jahr.

Vertragsstrafen

Unter bestimmten Voraussetzungen kann es neben dem Verzugsschaden auch eine Entschädigung geben. Dies ist dann der Fall, wenn die Parteien eine Vertragstrafenregelung für den Verzugsfall aufgenommen haben.

Vertragsstrafen stehen dem Auftraggeber als Druckmittel zu, damit der Auftragnehmer die vereinbarte Bauleistung im vorgesehenen Umfang erbringt und den Fertigstellungstermin fristgerecht einhält. Der Auftraggeber muss dann keinen konkreten Schadensnachweis führen wie bei einem Anspruch auf Schadensersatz.

Vertragsstrafen müssen im notariell beglaubigten Bauträgervertrag vereinbart werden. Darüber hinaus müssen sie der Höhe nach beschränkt sein. Die Höhe der Beschränkung richtet sich nach dem Auftragswert.

Auch die Fristen müssen bereits bei Vertragsabschluss bestimmt sein oder aber wirksam im Nachhinein in den Vertrag einbezogen werden.

Problematisch können sich dabei die während der Bauzeit angezeigten Baubehinderungen und die sich daraus ergebenden Verschiebungen des Fertigstellungstermins gestalten.

Auswirkungen der Corona Pandemie auf die Verlängerung der Bezugsfertigkeits- und Fertigstellungsfristen

Bauträger sind aufgrund der Corona Pandemie vor Herausforderungen gestellt. Wann können sich diese auf eine Verlängerung von Bezugsfertigkeits- und Fertigstellungsfristen berufen, weil sich die Bauausführung verzögert hat?

Bauträgerverträge enthalten oftmals Klauseln, die eine Verlängerung bei “höherer Gewalt“ vorsehen. Die Corona-Pandemie dürfte als ein unvorhersehbares, unvermeidliches und außergewöhnliches Ereignis, mithin als “höhere Gewalt” angesehen werden.

Bei deren Vorliegen besteht eine Beweislastumkehr für den Bauträger. Der Bauträger hat dann darzulegen und zu beweisen, dass es Schwierigkeiten bei der Materiallieferung und dem Personaleinsatz gab.

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