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Zwangsvollstreckung in die Immobilie

Wenn der Schuldner seinen Verbindlichkeiten nicht mehr nachkommen kann, kann eine gegen ihn bestehende titulierte Geldforderung im Wege der Zwangsvollstreckung geltend gemacht werden, um so Befriedigung zu erlangen. In Frage kommt dann zum Beispiel die Zwangsvollstreckung in die Immobilie.

Während bei der Mobiliarvollstreckung in das bewegliche Vermögen vollstreckt wird, wird bei der Immobiliarvollstreckung in das unbewegliche Vermögen vollstreckt. Unbewegliches Vermögen sind im Wesentlichen Grundstücke, deren Aufbauten, Wohnungseigentum, Teileigentum und grundstücksgleiche Rechte, also Immobilien.

Dabei gibt es gem. § 866 ZPO verschiedene Möglichkeiten die Vollstreckung zu betreiben. Neben der Zwangsversteigerung kommt u.a. auch die Eintragung einer Sicherungshypothek in Betracht.

Zwangsversteigerung

Bei der Zwangsversteigerung soll die Verwertung der bestehenden Substanz herbeigeführt werden. Die Befriedigung des Gläubigers findet aus dem Erlös statt. Vereinfacht gesagt, wird das Grundstück versteigert und der Gläubiger bekommt hieraus den Betrag in Höhe seiner bestehenden Forderung. Da der Schuldner dadurch sein Eigentum an der Immobilie verliert, stellt dies für ihn die wohl einschneidenste Maßnahme dar. Hierfür kommen zunächst auf den Gläubiger einige Kosten zu, die er vorstrecken muss. Dazu gehören Sachverständigenkosten und Kosten für die Ankündigung des Versteigerungstermins. Ausschlaggebend für die Höhe der Kosten ist der Verkehrswert des Objekts und der Aufwand des Sachverständigen. Insofern liegt der Nachteil der Zwangsversteigerung in der zunächst bestehenden Kostenintensität für den Gläubiger.

Eine besondere Form der Zwangsversteigerung stellt die Teilungsversteigerung dar. Hier wird kein Gläubiger befriedigt, sondern nach § 180 ZVG soll die Aufhebung der Gemeinschaft erfolgen, da sie sich nicht über den Verbleib der Immobilie einig ist.  Besondere Anwendungsfälle sind die einer Ehegemeinschaft, einer Erbengemeinschaft oder einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR).

Verfahren der Teilungsversteigerung, §§ 180 ff ZVG

Das Teilungsversteigerungsverfahren ist ein Sonderverfahren der Zwangsversteigerung. Hier soll die Gemeinschaft am Grundstück aufgehoben werden. An die Stelle des Grundstücks soll eine aufteilbare Geldsumme gesetzt werden, um die Teilhaber zu befriedigen und schließlich die Gemeinschaft aufzulösen.

Nach § 180 Abs. 1, 15 ZVG wird die Teilungsversteigerung durch Antrag des Berechtigten beim zuständigen Gericht eingeleitet. Um Unterschied zum „normalen“ Zwangsversteigerungsverfahren ist hier kein Titel nötig, § 181 ZVG. Gläubiger von Grundpfandrechten sind am Verfahren beteiligt und finden gemäß ihres Grundbuchstandes Berücksichtigung.

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Antragsberechtigt ist grundsätzlich jeder Miteigentümer, unabhängig davon, wie groß sein Anteil ist.

Wenn das Gericht über den Antrag positiv entscheidet, wird die Teilungsversteigerung durch Beschluss angeordnet. Dies hat die Beschlagnahme und nach § 23 ZVG ein Veräußerungsverbot zur Folge.

Nach der Beschlagnahme wird ein Verkehrswertgutachten erstellt. Es setzt den Verkehrswert fest. Anhand dessen werden dann Wertgrenzen ermittelt. Die wichtigste ist die 5/10-Grenze. Diese muss beim Versteigerungstermin überboten werden.

Nach der Festlegung des geringsten Gebots beraumt das Gericht einen Versteigerungstermin an. Das Gericht gibt den Termin öffentlich bekannt. Wenn es bei diesem Termin zu einem gültigen Gebot kommt, dann wird der Ersteher durch Zuschlag neuer Eigentümer des Grundstücks.

Das Gericht versagt den Zuschlag wenn das höchste Gebot das festgelegte geringste Gebot unterschreitet. In einem zweiten Termin wird dann das geringste Gebot als Untergrenze betrachtet. Wenn es dann zu keinem gültigen Gebot kommt, wird das Verfahren eingestellt.

Erlösverteilung

Nachdem der Zwangsversteigerungstermin stattgefunden hat und der Ersteher durch Zuschlag neuer Eigentümer wird,  findet die Erlösverteilung im Rahmen des Verteilungstermins statt. Hier werden die Verfahrenskosten dem Versteigerungserlös entnommen und die Rechte bedient, die durch Zahlung zu decken sind. Die Gemeinschaft am Grundstück endet und setzt sich am Erlös fort. Die tatsächliche Verteilung des Erlöses wird nicht vom Gericht vorgenommen. Sollten sich die früheren Miteigentümer nicht für die Verteilung des Erlöses einigen können, wird der Versteigerungserlös zugunsten aller beim Gericht hinterlegt.

Sollte der Schuldner mit der Teilungsversteigerung nicht einverstanden sein, so kann er sich dagegen zur Wehr setzen. § 180 ZVG sieht als Schutzvorschrift vor, dass die einstweilige Einstellung des Verfahrens beantragt werden kann.

 

Ehegemeinschaft

Wenn beide Ehegatten sich eine gemeinsame Wohnung oder ein Haus gekauft haben und sich nun scheiden lassen, besteht häufig Uneinigkeit über den Verbleib der Immobilie.

Zu unterscheiden ist der Zeitpunkt vor der rechtskräftigen Scheidung und danach. Eine Teilungsversteigerung vor rechtskräftiger Scheidung ist nur möglich, wenn die Eheleute sich nicht im Stand der Zugewinngemeinschaft oder Gütergemeinschaft befinden und das gemeinsame Grundstück nicht das gesamte Vermögen darstellt.

Der gesetzliche Güterstand bei Eheschließung ist regelmäßig der der Zugewinngemeinschaft. Dabei bleiben die Güter während der Ehe getrennt. Wenn es dann doch zur Scheidung oder zum Versterben eines Ehegatten kommt, wird ein Zugewinnausgleich durchgeführt.

Wenn Ehegatten eine Immobilie erwerben, tun sie dies regelmäßig in Bruchteilsgemeinschaft. Dabei ist im Zweifel anzunehmen, dass beide über gleiche Anteile verfügen. Theoretisch kann jeder dann über seinen Anteil verfügen, jedoch nicht über die Immobilie im Ganzen. Aus diesem Grund ist hier die Teilungsversteigerung von besonderer Bedeutung.

Hiervon gesondert ist stets die Frage zu betrachten, wie die die Nutzung der Immobilie zu vergüten ist.

Gesellschaft bürgerlichen Rechts

Auch das Grundstück einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts kann Gegenstand eines Teilungsversteigerungsverfahrens sein. Hier steht die Wohnung oder das Haus im Alleineigentum der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR).  Auch für die GbR gelten die Regeln der Gemeinschaft nach § 731 Abs.2 BGB. Folglich hat die Teilung im Wege der Teilungsversteigerung nach § 753 BGB zu erfolgen.

Antragsberechtigt ist der einzelne Gesellschafter. Die Vorschriften der §§ 181-184 ZVG finden hier Anwendung. Der BGH hat in seinem Beschluss vom 16. Mai 2013 (Bundesgerichtshof Beschluss v. 16.05.2013, Az.: V ZB 198/12) festgestellt, dass der einzelne Gesellschafter einen Antrag stellen kann, ohne seinen Anspruch auf Versteigerung der Immobilie zuvor gerichtlich durchsetzen zu müssen. Das bedeutet, dass der einzelne Gesellschafter gegen den Willen der anderen die Teilungsversteigerung beantragen und den Verkauf erzwingen kann.

Sollten die übrigen Gesellschafter Einwände erheben, können sie diese dann im Wege der Widerspruchsklage gem. § 771 ZPO analog geltend machen.

Erbengemeinschaft

Die Teilungsversteigerung bei einer Erbengemeinschaft ist von ebenso großer Bedeutung. Eine Erbengemeinschaft entsteht mit dem Tod des Erblassers. Hat der Erblasser kein Testament erlassen oder mehrere Erben für eine Sache bestimmt, greift  die gesetzliche Erbfolge. Jeder Miterbe wird dann Teil der Erbengemeinschaft. Die Mitglieder der Erbengemeinschaft teilen sich das Eigentum an den Nachlassgegenständen. Jeder kann über seinen Teil verfügen. Bei Verfügungen über die ganze Sache müssen jedoch alle übereinstimmen. Es liegt insofern nahe, dass es so zu Streit um das gemeinsame Eigentum kommen kann. Wenn ein Mitglied der Erbengemeinschaft die Auseinandersetzung dieser begehrt und die anderen Mitglieder nicht kompromissbereit sind, bleibt letztlich nur noch die Möglichkeit der Teilungsversteigerung.  Nach der Regelung des § 2042 BGB kann jeder Miterbe die Auseinandersetzung verlangen. Dazu muss er einen formlosen, schriftlichen Antrag auf Teilungsversteigerung stellen. Inhalt ist die Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft.

Eintragung einer Zwangssicherungshypothek

Die Zwangssicherungs- oder auch Zwangshypothek ist eine Sicherheit, aus der die Zwangsversteigerung betrieben werden kann. Sie ist damit ein staatliches Zwangsmittel der Zwangsvollstreckung und sichert den Anspruch gegen den Schuldner ab. Es findet keine unmittelbare Befriedigung statt. Insofern unterscheidet sich die Zwangssicherungshypothek von der Zwangsversteigerung.

Als Sicherungsmittel gelten hier die allgemeinen Vorschriften der Sicherungshypothek nach §§ 1184 – 1186 BGB. Der Unterschied zur gewöhnlichen Sicherungshypothek besteht in der Entstehung. Die Zwangssicherungshypothek wird im Wege der Zwangsvollstreckung erworben. Die Sicherungshypothek ist eine schuldrechtliche Vereinbarung.

Auch hier ist Voraussetzung, dass der Gläubiger gegen den Schuldner einen Vollstreckungstitel besitzt, der beweist, dass er eine titulierte Forderung gegen den Schuldner in Höhe von min. 750 € inne hat. Dies soll der Übersichtlichkeit des Grundbuches dienen, da dies bei Eintragung wegen vieler geringwertiger Forderungen nicht mehr gewährleistet wäre.

Gem. § 867 ZPO kann der Gläubiger auf Antrag die Sicherungshypothek in das Grundbuch eintragen lassen. Zuständig dafür ist das Grundbuchamt, das vor Eintragung zudem prüft, ob die Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung vorliegen.

Vorteile für den Gläubiger

Auf diesem Wege ergeben sich für den Gläubiger Vorteile:

– die Eintragung der Zwangssicherungshypothek schreckt Käufer ab und setzt den Schuldner damit unter Druck

– der Hypothekengläubiger wird gem. § 9 Nr. 1 ZVG automatisch Beteiligter im Zwangsversteigerungsverfahren und kann damit beispielsweise Anträge stellen

– die Kosten der Eintragung sind relativ gering

– im Falle einer Versteigerung hat der Hypothekengläubiger eine bessere Rangklasse als Gläubiger ungesicherter Forderungen und wird damit vorrangig befriedigt

Nachteilig für den Gläubiger ist die Tatsache, dass er seine Forderung lediglich abgesichert und er erst durch die Verwertung (also durch Zwangsversteigerung oder -verwaltung) Befriedigung erlangen kann.

Sollte der Schuldner nach Eintragung der Zwangshypothek zahlen, so wandelt sich die Zwangshypothek automatisch in eine Eigentümergrundschuld um. Diese kann er dann entweder löschen lassen oder zur Sicherung anderer Forderungen benutzen.

Räumung nach der Zwangsversteigerung

Will der Ersteher die Immobilie selbst nutzen, kann es zu Problemen kommen. Sofern der ehemalige Eigentümer in der Wohnung verbleiben will,  muss diese im Wege der Räumungsvollstreckung geräumt werden. Der Gläubiger benötigt dafür einen Vollstreckungstitel. Gem. § 93 ZVG ist der Zuschlagsbeschluss ein solcher Räumungstitel. Er kann mithilfe dieses Titels die Zwangsvollstreckung gegen den ehemaligen Eigentümer betreiben.

Räumung eines Mieters

Anders gelagert ist der Fall, wenn die Immobilie vermietet ist. Hier kann der Mieter nicht durch den Zuschlagsbeschluss geräumt werden. § 57 ZVG verweist auf die §§ 566 ff BGB. Das Mietverhältnis setzt sich mit dem Ersteher fort. Allerdings steht ihm gem. § 57a ZVG ein Sonderkündigungsrecht zu. Die Kündigung muss zum ersten zulässigen Termin erfolgen, andernfalls ist die unzulässig. Der erste zulässige Termin berechnet sich anhand des Zuschlags. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Wirksamkeit des Zuschlages ist die Verkündung, § 89 ZVG. Wichtig ist, dass der Ersteher ein berechtigtes Interesse an der Kündigung hat und die gesetzliche Frist des § 573d BGB einhält. Die Kündigung muss zum dritten Werktag eines Monats mit Ablauf des übernächsten Monats erklärt werden. Die Regelbeispiele des § 573 BGB sind bezüglich der berechtigten Interessen anzuwenden. Ein berechtigtes Interesse stellt regelmäßig der Eigenbedarf dar.

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